Im ersten Teil dieser Serie habe ich beschreiben, wie man Texte strukturieren muss, damit ein regelbasierter und automatisierter Seitenumbruch gute Ergebnisse liefern kann.

Texte durch automatisch zugewiesene Regeln umzubrechen funktioniert, wenn:

  • die Texte aus kleinen Absätzen bestehen
  • die Texte gut gegliedert sind
  • Grafiken und Tabellen bewusst im Text angeordnet werden

Im Folgenden beschreibe ich, welche Layouteinstellungen für einen automatischen Seitenumbruch eingesetzt werden sollten. „Automatisch“ heißt, dass die Layouteinstellungen von einem Programm nach vom Layouter vorgegebenen Regeln zugewiesen werden. Die Qualität des automatischen Seitenumbruchs wird durch das mehr oder minder geschickte Anwenden dieser Layouteinstellungen im Regelwerk beeinflusst.

Regeln für das automatische Umbrechen und Zusammenhalten definieren

Gezielt umbrechen

Gezielt Umbrechen heißt z. B., immer vor einer wichtigen Überschriftsebene umbrechen. Man erreicht damit, dass die Überschrift am Seiten- bzw. am Spaltenbeginn steht.

Dies ergibt ein übersichtliches Layout, bei dem die wichtigen Überschriften oben auf der Seite stehen und nicht mitten auf der Seite „versteckt“ werden.

Wenn man topic-orientiert schreibt und Topics in der Regel 2–3 Seiten umfassen, dann ist es ideal, mit einem neuen Topic eine neue Seite zu beginnen.

Der Unterschied: Zusammenhalten

Seitenumbrüche über Formatregeln einzufügen ist nur eine Möglichkeit, um den Seitenumbruch zu steuern. Die andere ist das Zusammenhalten.

Zusammenhalten bedeutet, dass im zusammengehaltenen Bereich kein Seitenumbruch erfolgen darf. Der Seitenumbruch muss vor oder nach dem zusammengehaltenen Bereich stattfinden.

Abgrenzung zur Absatzkontrolle
Man muss „Zusammenhalten“ von der Absatzkontrolle unterscheiden. Die Absatzkontrolle legt fest, wie viele Zeilen des Absatzes vor und nach einem Seitenumbruch stehen müssen. Die Absatzkontrolle verhindert, dass beim Umbrechen in Absätzen einzelne Zeilen am Seitenanfang oder Seitenende stehen.

Wie funktioniert zusammenhalten?

Moderne Satzsysteme für XML bieten für die Blockbildung folgende Eigenschaften an:

  • keep-with-previous: Element mit Vorgänger zusammenhalten
  • keep-with-next: Element mit Nachfolger zusammenhalten
  • keep: Element zusammenhalten (manchmal auch „keep-together“)

Der Unterschied von XML-Satzsystemen und absatzorientierten Systemen
Die Eigenschaft „Element zusammenhalten“ ist die wichtigste für XML-Satzsysteme. Denn darüber kann man festlegen, dass Elemente, die aus mehreren Absatzelementen bestehen, zusammengehalten und nicht durch Seitenumbrüche zerrissen werden. Beispiele für solche Elemente sind z. B. Listen, Warnhinweise oder Abbildungen mit Legenden.

Microsoft Word oder FrameMaker verfügen nicht über die Einstellung „Element zusammenhalten“ (keep).

Anmerkung: Man muss sich darüber bewusst sein, dass die Layoutmaschine des FrameMakers immer absatzorientiert arbeitet. Auch beim strukturierten FrameMaker werden die Regeln der EDD zuerst in Absatzeigenschaften umgesetzt und erst danach werden die Absätze entsprechend ihrer Eigenschaften gestaltet.

Das Zusammenhalten von Elementen steuern

Word oder FrameMaker

Bei Werkzeugen wie FrameMaker oder Microsoft Word kann man die Eigenschaften für das Zusammenhalten mit dem vorherigen bzw. folgenden Absatz nur ein- oder ausschalten.

keep-with-next = 1 ⇒ zusammenhalten
keep-with-next = 0 ⇒ nicht zusammenhalten

Wenn der umbruchgeschützte Bereich höher als eine Seite ist, erfolgt bei Word oder FrameMaker der Seitenumbruch am Seitenende. FrameMaker schiebt jedoch eine Leerseite ein.

XML-basierte Satzsysteme

XML-basierte Satzsysteme bieten neben dem Ein- oder Ausschalten einer Eigenschaft noch die Möglichkeit, Prioritäten zu vergeben.

keep = 7 ⇒ immer (absolut) zusammenhalten
keep = 6
     …       ⇒ bedingt zusammenhalten (Priorität)
keep = 1
keep = 0 ⇒ nicht zusammenhalten

Damit kann man das Verhalten der Eigenschaft „keep-with-next“ feiner steuern als es z. B. bei FrameMaker möglich ist.

Daraus ergeben sich zwei Methoden:

  • Absolutes Zusammenhalten
  • Bedingtes Zusammenhalten

Diese Methoden stehen für alle drei Eigenschaften „keep“, „keep-with-next“ und „keep-with-previous“ zur Verfügung.

Absolutes Zusammenhalten

Wie funktioniert absolutes Zusammenhalten?
Beim absoluten Zusammenhalten wird der umbruchgeschützte Bereich unter allen Umständen zusammengehalten.
Das absolute Zusammenhalten muss vorsichtig eingesetzt werden. Wenn der umbruchgeschützte Bereich höher als eine Seite ist, erfolgt trotzdem kein Seitenumbruch. Der Text fließt über den Seitenrand hinaus, und alles, was darunter ist, wird abgeschnitten.

Typische Anwendungsfälle
Ein typischer Anwendungsfall ist das Zusammenhalten einer Überschrift mit dem nächsten Absatz. Oder das absolute Zusammenhalten einer Bildunterschrift mit der voranstehenden Grafik.

Bedingtes Zusammenhalten
Das bedingte Zusammenhalten wird über die Vergabe von Prioritäten gesteuert. Das heißt, man definiert übereinander liegende umbruchgeschützte Bereiche mit aufsteigender Priorität.

Beispiel

Wir haben Block 1 mit keep = 2. Er besteht aus der Überschrift Ü1 mit keep = 7 und aus den Blöcken 1.2 und 1.3, die jeweils keep = 3 haben. Bei Block 1.2 zeigen wir die innere Struktur mit einer Überschrift Ü1.2 (keep = 7) und drei Blöcken mit keep = 4. Die Überschriften Ü1 und Ü1.2 sind mit keep-with-next = 7 an den folgenden Block gebunden.

Dabei gilt:

  • die Priorität steigt von 0 bis 7
  • 0 = nicht zusammenhalten
  • 7 = absolut zusammenhalten

Regel für den Seitenumbruch
Ein umbruchgeschützter Bereich wird nur zusammengehalten, wenn er maximal eine Seite füllt. Bei einem umbruchgeschützten Bereich, der höher als eine Seite ist, erfolgt ein Seitenumbruch. Der Seitenumbruch erfolgt zwischen zwei untergeordneten Blöcken, die jeweils umbruchgeschützte Bereiche mit höherer Priorität bilden.

Wie kann umgebrochen werden, falls Block 1 höher als eine Seite wird?

Falls Block 1 höher als eine Seite ist, aber die Blöcke 1.2 und 1.3 kleiner als eine Seite sind, kann nur zwischen Block 1.2 und Block 1.3 umgebrochen werden (dicke Linie).

Falls Block 1.2 höher als eine Seite ist, aber die Blöcke 1.2.2, 1.2.3 und 1.2.4 kleiner sind als eine Seite, sind folgende Umbrüche möglich (dünne Linien):

  • zwischen den Blöcken 1.2.2 und 1.2.3
  • zwischen den Blöcken 1.2.3 und 1.2.4

Ob in solchen Fällen generell vor einem zu hohen Block ein Umbruch erfolgt, hängt vom Satzsystem ab. Manche Satzsysteme füllen – falls möglich – Lücken auf der vorhergehenden Seite auf, andere beginnen immer auf einer neuen Seite.

Sind solche automatischen Seitenumbrüche ideal?

Automatische Seitenumbrüche sind sicher nicht optimal. Aber über den Umfang des Regelwerks kann man entscheiden, wie sehr man sich einem Idealzustand nähert.

Wenn man den gewünschten Zustand nicht durch einen automatischen Umbruch erreichen kann, sollte man prüfen, ob dieser Zustand den höheren Aufwand eines manuellen Umbruchs wirklich rechtfertigt.

Allerdings muss man immer beachten, dass diese automatischen Seitenumbrüche nur dann gut sind, wenn der umzubrechende Text gut gegliedert ist. Im Gegensatz zum manuellen Herumschieben von Abständen oder manuellen Einfügen von Umbrüchen erhöht eine gute Gliederung die Textqualität.