Die Qualität der Produktdaten ist entscheidend für den Erfolg im B2B-E-Commerce. Das bloße Vorhandensein eines PIM-Systems ist jedoch kein Garant dafür, dass die eingespielten Produktdaten hochwertig und für die vorgesehenen Zwecke nutzbar sind. Im Interview erklärt Alexander Witzigmann, CTO der TANNER AG und Produktdaten-Experte, welche Bewertungskriterien es in Bezug auf Produktdaten gibt und wie eine Qualitätssicherung aussehen kann.

Was ist mit „Qualität“ in Bezug auf Produktdaten gemeint?

Alexander Witzigmann: Qualität ist kein absoluter Begriff, sondern bezeichnet, inwieweit etwas mit den individuell vereinbarten Erwartungen übereinstimmt. In Bezug auf Produktdaten gibt es drei Dimensionen, die deren Qualität beeinflussen: Erstens muss ich eine Aussage über den Umfang der Produktdaten und ihrer Merkmale treffen, deren Qualität ich sichern möchte. Der zweite Aspekt ist die Medienneutralität. Wenn es ausreicht, dass die Daten auf Papier oder digital nur dargestellt und verständlich sind, brauchen sie nicht so stark medienneutral zu sein, wie bei der Verwendung im Online-Shop oder in einem Konfigurator. Und zuletzt wird die Qualität natürlich an der fachlichen Richtigkeit der Produktdaten bemessen.

Je medienneutraler die Produktdaten sind, desto besser können sie in verschiedenen Kanälen verwendet werden. Ist dieses Qualitätsmerkmal also hervorzuheben?

A.W.: Es kommt immer auf das kommunikative Ziel an: Was ist mein Anspruch? Was will ich mit den Daten tun? Wo sollen sie verwendet werden? Danach ist zu entscheiden, wie stark medienneutral und damit flexibel sie sein müssen.

Können Sie das am Bespiel verschiedener Medien deutlich machen?

A.W.: Im klassischen Printmedium ist der Umfang begrenzt und der Inhalt stark von der Zielgruppe und ihrem Informationsbedarf abhängig. Stark gewichtet ist die fachliche Richtigkeit, denn Fehler z. B. im gedruckten Produktkatalog zu berichtigen, ist zeit- und kostenaufwändig.

Im Online-Shop ist der Umfang flexibel. Hier kann publiziert werden, was das Produkt hergibt. So lassen sich auch unterschiedliche Zielgruppen eindeutig ansprechen. Medienneutralität ist hier sehr wichtig. Der Grad orientiert sich an den Filter- und Auswahlmöglichkeiten für die Kernmerkmale, die im Shop gegeben sein sollen. Die fachliche Richtigkeit ist auch digital ein wichtiger Qualitätsaspekt. Fehler können hier allerdings in der Regel schnell und unkompliziert korrigiert werden.

Konfiguratoren haben den höchsten Anspruch an Umfang, Medienneutralität und fachliche Richtigkeit. Wenn hier Daten fehlen oder deren Qualität nicht stimmt, funktioniert der Konfigurator entweder nicht oder es kommt zu falschen Zusammenstellungen. Das Tool wäre nutzlos, die Investition verschwendet und das Ganze würde vielleicht sogar einen Imageschaden nach sich ziehen.

Wie stellt man also die Qualität seiner Produktdaten sicher?

A.W.: Die Qualität von Produktdaten sicherzustellen, ist nicht mehr kompliziert, wenn sie erst einmal in entsprechender Qualität vorliegen. Checklisten und entsprechende Anweisungen unterstützen, dass der verabschiedete Prozess eingehalten wird. Die eigentliche Challenge ist meiner Erfahrung nach, diesen Zustand zu schaffen. Wenn ich die Qualität meiner Produktdaten beurteilen will, muss ich mir über die kommunikativen Ziele im Unternehmen im Klaren sein. Erfüllen meine Produktdaten diese Ziele, stimmt ihre Qualität. Tun sie das nicht, muss ich mir die Quelle der Informationen und die folgenden Prozesse anschauen, um zu identifizieren, wo Probleme vorliegen. Fehlen bereits in den Quelledaten relevante Informationen? Wurde kein klares Ziel definiert? Werden Produktdaten im Prozess unterschiedlich bewertet und daraufhin verändert? Wie müssen Produktdaten aufbereitet werden, um von der Quelle in den Zielzustand zu gelangen?

Wie aufwändig und kostenintensiv ist es, die Qualität der Produktdaten zu erhöhen?

A.W.: Das hängt u. a. von der Anwendungssituation ab. Wird ein System zum ersten Mal mit Produktdaten befüllt, liegen in der Regel sehr viele Produktinformationen in verschiedenen Medien und Formaten vor. Diese müssen aufbereitet werden. Die Qualitätsaspekte sind in dieser Situation äußerst relevant, damit die Produktdaten später in den vorgesehenen Prozessen und Kanälen nutzbar sind. Natürlich ist eine solche Initialbefüllung aufwändiger, als wenn ein bestehendes System kontinuierlich gepflegt werden soll.

Inwieweit lässt sich der Weg von der Informationsquelle zum Zielzustand der Produktdaten automatisieren?

A.W.: Das kommt meist auf die Quelle an. Führt man beispielsweise ein Interview mit einem Produktmanager, um die relevanten Produktdaten zu erhalten, ist das weniger systematisch. Die Informationen können allenfalls noch mit Checklisten abgeglichen werden. Werden Daten hingegen von einem System in ein anderes transferiert, ist die Systematik sehr hoch. Der Vorgang kann hochautomatisiert ablaufen. Das sind die beiden Extreme. In der Praxis werden Produktdaten meist aus technischen Unterlagen extrahiert. Dieser Prozess kann oft stark automatisiert werden, sodass nur noch wenig manuelle Nacharbeiten nötig sind. Manche Informationen können nicht sofort automatisiert verarbeitet werden, weil die fachliche Zuordnung nicht eindeutig ist. Ist ein Produkt beispielsweise schwarz-weiß, muss es manuell einer oder mehreren Farben zugeordnet werden. Dank  „Machine Learning“ ist das aber nur einmal notwendig. Diese nun „gelernte“ Zuordnung funktioniert dann wieder automatisch.

Haben Sie zum Schluss noch einen Tipp, damit aus Datenaufbereitung und -pflege keine „never ending story“ wird?

A.W.: Die Theorie der Qualitätssicherung ist nicht kompliziert. In der Praxis erlebe ich aber oft, dass sich Unternehmen vorab nicht explizit klarmachen, welche Produktdaten benötigt und welche Ziele mit ihnen erreicht werden sollen. Im Prozess gibt es dann viele individuelle Entscheidungen und das führt zur gefürchteten endlosen Optimierung. Mein Rat ist daher, sich vor einer Datenaufbereitung wirklich detailliert mit der Frage auseinanderzusetzen, welche Zwecke die Daten erfüllen müssen. Im kontinuierlichen Prozess muss später nur noch eingegriffen werden, falls sich die Ziele ändern.

Vielen Dank für den Einblick in das spannende Thema rund um die Qualität von Produktdaten.

Alexander Witzigmann ist seit Beginn des Jahrtausends bei TANNER und bekleidet aktuell die Position des Chief Technology Officer (CTO). Als solcher trägt er dazu bei, dass aus Technik echte Mehrwerte für die Kunden von TANNER entstehen. Das heißt, er hilft Kunden, die beinahe unüberschaubare Vielfalt an IT so einzuordnen und zu nutzen, dass daraus einfache und machbare Unterstützung für die Herausforderungen der Zukunft entsteht.