In vielen Unternehmensbereichen – ob in der Technischen Dokumentation, im Marketing oder im Einkauf – wachsen Wunsch und Notwendigkeit, Inhalte online nicht nur über klassische Webseiten anzubieten, sondern die Inhalte bestehender Apps mit den Funktionen mobiler Endgeräte zu verknüpfen. Dieser Artikel beschreibt den Nutzen einer Verknüpfung und stellt die Technologien vor, die eine übergreifende Inhaltsnutzung ermöglichen.
Gerade für die Bereitstellung und Integration von technischen Informationen bieten Apps, die Funktionen mobiler Endgeräte nutzen, vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Ein Beispiel: Der Installateur macht ein Foto eines Barcodes, der an einer Heizung angebracht ist und bekommt dadurch einen direkten Zugang zu der Betriebsanleitung und zu einer Übersicht der notwendigen Ersatzteile. Der Wartungstechniker kann vor Ort über die Fehlernummer am Gerät auf die dafür relevante Dokumentation zugreifen und ggf. bestehende Erfahrungen seiner Kollegen im Umgang mit diesem Fehler nutzen.
Bevor dieses Szenario Wirklichkeit wird, sind zuvor folgende Fragestellungen zu beantworten:
I. Wie können Inhalte verschiedener Apps übergreifend genutzt und integriert werden?
II. Wie bleiben Kosten und Aufwand für die Pflege und Weiterentwicklung einer ständig steigenden Anzahl von Devices und Betriebssystemen überschaubar?
Aktuell eingesetzte Technologien: HTML5-Webseiten und native Apps
Der Trend zur übergreifenden Inhaltsnutzung wird im Wesentlichen über zwei Umsetzungsstrategien bedient: HTML5 und native Apps. HTML5-Webseiten sind mit allen modernen Browsern und von allen Betriebssystemen nutzbar. Ob sie vom Desktop-PC oder Smartphone angesteuert werden, macht keinen Unterschied. Die Integration von Inhalten aus verschiedenen HTML5-Applikationen kann über Standard-Webtechnologien einfach realisiert werden. HTML5 bereitet Anwendern aber auch Kopfschmerzen. Noch stehen sie vor dem Hindernis, die Funktionen der jeweiligen mobilen Endgeräte nicht vollumfänglich nutzen zu können. So sind Funktionen wie Offline-Verfügbarkeit oder der Zugriff auf Kamera-Daten aktuell nicht über HTML5 lösbar.
Diese Herausforderungen werden im Moment von nativen Apps gelöst. Dabei handelt es sich um Programme für ein spezifisches Betriebssystem, die damit nur für eine Klasse von Endgeräten verwendbar sind. Die Apps greifen schnell und direkt auf die Funktionen der Geräte zu und können vorhandene Daten des Endgeräts optimal für ihre Bedarfe nutzen. Allerdings bedienen native Apps heterogene Zielgruppen mit unterschiedlichen Endgeräten und Betriebssystemen und müssen so für jede Betriebssystem-Variante entwickelt und gepflegt werden. Die Integration und Pflege von Inhalten geschieht für jede App individuell und bedeutet einen linear steigenden Aufwand mit der Anzahl der zu unterstützenden Betriebssysteme. Nötig ist auch eine vorausschauende Planung hinsichtlich der Schnittstellen für eine spätere Integration in andere Apps des Unternehmens.
Kann man nicht die Vorteile beider Umsetzungsstrategien kombinieren?
Wie könnten also die Funktionalität von HTML5 und der gleichzeitige Zugriff auf gerätenahe Funktionen gewährleistet werden? Diesen Bedarf versuchen im Moment die sogenannten „hybriden Apps“ über eine Vielzahl von Frameworks abzudecken, die sowohl frei als auch kommerziell verfügbar sind. Jedes einzelne Framework hat individuelle Vor- und Nachteile und aktuell ist noch nicht entschieden, welche Technologie sich als zukunftsfähig etabliert.
Was nun?
Unter Federführung des W3C, dem Gremium zur Standardisierung des WWW und Hüter über XML- und HTML-basierte Standards, entsteht die Basis für die hybride App der Zukunft. Das W3C-Projekt „HTML5-Apps“ definiert zur Zeit Erweiterungen zu HTML5, um die gestiegenen Anwender- und Funktionsbedarfe abzudecken. Ziel dieses Projektes ist es, HTML5 so zu erweitern, dass gerätespezifische Funktionen standardisiert genutzt werden können. Damit wird es möglich, große Datenmengen lokal zu speichern und beispielsweise Kameradaten zu nutzen, ohne die Vorteile von HTML5 zu verlieren. Pflege und Weiterentwicklung können damit zentral über eine gemeinsame App erfolgen und nur spezifische Besonderheiten einzelner Endgeräte sind bei Bedarf individuell zu pflegen.
So weit so gut. Doch was ist heute schon machbar?
Die Programmierschnittstelle Apache Cordova setzt aktuell viele Funktionen aus dem Projekt „HTML5-Apps“ um und nimmt damit bereits noch nicht erfolgte Standardisierungen vorweg. Das bestehende Framework „Phone Gap“ nutzt Apache Cordova und ist bereits in produktiven Projekten erfolgreich im Einsatz. Der Funktionsumfang ist noch nicht vollständig und aktuell auf die am häufigsten genutzten Funktionen der Endgeräte begrenzt. Die Leistungsfähigkeit von Funktionen mit hohen Anforderungen an die Hardware des Endgerätes ist geringer als bei nativen Apps. Beispielsweise verhalten sich Apps mit Animationen spürbar träger als der Anwender es von nativen Apps gewohnt ist. Können Unternehmen also bereits heute HTML5-Apps als Alternative zu nativen Apps oder klassischen HTML5-Webseiten einsetzen? Die Entscheidung hängt davon ab, welche Funktionalitäten in der App konkret benötigt werden. Viele Anwendungsszenarien für Apps im Umfeld der Verteilung von technischer Information können schon heute zukunftssicher und mit den im Projekt „HTML5-Apps“ erarbeiteten Standards umgesetzt werden. Solche Apps werden in Zukunft von den Weiterentwicklungen von „HTML5-Apps“ profitieren.