Gedruckt oder online?

Wie STÜBBE schrittweise Papier durch digitale Medien ersetzt

»Aus 170 gedruckten Seiten werden 12. Der Rest ist digital.«
Anton Rieser, Projektleiter bei TANNER

Papier ist wertvoll. Seine Herstellung verbraucht kostbare Rohstoffe wie Holz, Wasser und jede Menge Energie. Vor dem Hintergrund knapper werdender Ressourcen rücken das Thema Nachhaltigkeit und die Kritik an der Wegwerf-Mentalität in den Fokus der öffentlichen Diskussion. Klar ist, dass sich etwas ändern muss im Umgang mit endlichen Stoffen. Eine Chance bietet die digitale Transformation, die es Unternehmen in verschiedener Hinsicht ermöglicht, sich für die Zukunft aufzustellen. Das Einsparen von Papier bringt neben dem ökologischen Aspekt noch viele weitere Vorteile mit sich, etwa gesenkte Print- und Logistikaufwände. Aber in welchem Umfang ist das im Bereich der Technischen Dokumentation überhaupt möglich – gerade im Hinblick auf die rechtliche Lage? Dieser Frage gingen die STÜBBE GmbH & Co. KG und die TANNER AG auf den Grund, während sie gemeinsam ein Konzept erarbeiteten, um Betriebsanleitungen rechtskonform aus der Papierform in digitale Medien zu übertragen.

Als Hersteller von Armaturen, Pumpen sowie Mess- und Regelungstechnik vertreibt STÜBBE GmbH & Co. KG ein umfangreiches Portfolio aus teils komplexen, erklärungsbedürftigen Produkten. Deren unterschiedliche Anforderungen, Einsatzgebiete und Preise, ebenso deren weltweiter Vertrieb, machen die Erstellung und Distribution der mehrsprachigen Betriebsanleitungen, die bisher jedem Produkt in gedruckter Form beigelegt wurden, anspruchsvoll und teuer. »Bei manchen Produkten war das Verhältnis vom Preis zu den hohen Kosten und Aufwänden für Druck und Logistik völlig unverhältnismäßig«, berichtet Achim Kaesberg, Leiter der Abteilung Unternehmensdaten bei STÜBBE. »Dass wir erheblich Papier reduzieren wollen, kam aus verschiedenen Unternehmensbereichen als Konsens. Gleichzeitig wurde dies aber auch als problematisch angesehen, denn es war unklar, wie die Kunden reagieren würden und wie die Rechtslage war.«

Die rechtlichen Anforderungen

An dieser Stelle kam Jörg Heide von TANNER ins Spiel. Als Berater für das Thema Recht und Normen beschäftigt er sich seit Langem damit, inwieweit eine Betriebsanleitung in Papierform überhaupt vorhanden sein muss. In den letzten Jahren ist einiges in diesem Bereich in Bewegung geraten. Normen und Richtlinien wurden modernisiert, sodass digitale und gedruckte Informationen heute annähernd gleichwertig nebeneinanderstehen. »Ein durchdachtes Medienkonzept und eine Risikobeurteilung sehe ich als Voraussetzungen für eine digitale Umsetzung von technischen Inhalten«, fasst Heide zusammen.

Die Erarbeitung eines solchen Medienkonzepts stand auch am Beginn der Umstellung der gedruckten zur digitalen Betriebsanleitung bei STÜBBE. Zunächst wurde der Status quo analysiert. Dabei wurden unterschiedliche Aspekte berücksichtigt wie Produktstruktur, Preisspanne, Kunden und Anwendungsfelder. Zu den Rahmenbedingungen gehörten die Festlegung auf sechs Sprachen sowie das konsequente Handling aller druckbaren Dokumente im ERP-System.

Von komplett über kurz zu superkurz

Erstes Ziel war es, die umfangreiche Komplettanleitung auf eine gedruckte Kurzanleitung zu reduzieren. »Dies geschah nicht nach dem Prinzip, Informationen einfach wegzulassen, weil es billiger ist. Stattdessen haben wir überlegt, welche Information wann, in welchem Kontext, in welcher Form und auf welchem Kanal benötigt wird«, so Anton Rieser, Projektleiter bei TANNER. In der Praxis liege die Papieranleitung selten da, wo sie benötigt wird. Die Onlineverfügbarkeit löst dieses Problem. Darüber hinaus ermöglicht die digitale Form, Zusatzinformationen durch Verlinkungen zu mitgeltenden Dokumenten verfügbar zu machen. Die Analyse für die zukünftige Informationsverteilung erfolgte mithilfe einer Matrix, die u. a. die Stationen im Produkt-Lebenszyklus sowie die Nutzergruppen umfasst. Diese Matrix wurde auch in die Risikobeurteilung eingebunden, die maßgeblich für die rechtliche Absicherung der Dokumentation ist.

Die Papiermenge wurde schließlich durch umfassende Maßnahmen reduziert, sodass sich die 170-seitige Anleitung auf nur 10 Seiten pro Sprache verkürzte. »Da die notwendige Bereitstellung von sechs Sprachen diese Kurzanleitung immer noch auf 60 Seiten erweitert, waren wir bestrebt, die Print-Informationen noch stärker zu reduzieren«, verdeutlicht Achim Kaesberg das anspruchsvolle Unterfangen. Die Idee der »Superkurzanleitung« war geboren und wurde mit der Expertise von TANNER umgesetzt. Diese Anleitung enthält nur noch die sicherheitsrelevanten Informationen und umfasst daher lediglich zwei Seiten respektive zwölf, wenn man die Mehrsprachigkeit berücksichtigt. Alle anderen Informationen werden digital bereitgestellt. »Damit sparen wir nicht nur Papier und reduzieren ganz erheblich unsere Kosten, wir erhöhen auch unsere Skalierbarkeit«, zeigt sich Achim Kaesberg zufrieden. »Seit der Einführung der Superkurzanleitung haben wir noch keine einzige negative Resonanz bekommen. Ich denke, wir haben damit einen ganz guten Job gemacht und sind bei Bedarf fähig, sogar weitere Sprachen aufzunehmen.«