Sehr häufig kommen Leute zu mir, die sagen, sie könnten eine Tabelle nicht mit XML umsetzen oder sogar: „XML taugt nicht für Tabellen!“ Dies ist unabhängig vom Publikationswerkzeug, ob es sich nun um FrameMaker, Epic oder XSL-FO handelt.
Beim Anschauen der Tabellen bin ich auf verschiedene Problemkategorien gestoßen:
- Die Tabelle lässt sich nicht im Papierformat DIN A4 darstellen.
- Zu viel Text in der Tabelle.
- Übersetzbarkeit.
- Die Tabelle ist zu komplex.
- Die Tabelle ist für diesen Inhalt ungeeignet.
Funktion von Tabellen
Tabellen sind Layoutelemente und machen Zusammenhänge oder Zuordnungen durch Anordnen in Zeilen und Spalten sichtbar.
Sie funktionieren gut, wenn
- viele oder alle Zeilen auf eine Seite passen,
- Zellen spalten- oder zeilenweise zusammengefasst werden können,
- wenig Text in den einzelnen Zellen steht.
Tabellen büßen an Wirkung ein, wenn
- sie sich über viele Seiten hinziehen,
- nur wenige Zeilen auf eine Seite passen.
Die Tabelle lässt sich nicht im Papierformat DIN A4 darstellen
Großformate
Es ist mit XML und PDF kein Problem, verschiedene Seitenformate zu verwenden.
Für die Technische Dokumentation wird meist DIN A4 als Papierformat gewählt. Viele Drucker können auch auf DIN A3 drucken. Fast kein Drucker kann jedoch ein DIN A3-Blatt doppelfalzen und als DIN A4-Ausklappseite im Papierstapel ablegen, von DIN A2 und größeren Formaten ganz zu schweigen. Wenn man automatische Druckprozesse erreichen möchte, muss man sich auf das DIN A4-Format beschränken.
Herausforderungen bei DIN A4
Was Ingenieure auf eine DIN A4-Seite zaubern, passt oft nicht auf eine DIN A4-Seite der Dokumentation:
- Der Nutzraum auf einer A4-Seite der Dokumentation ist meist kleiner.
- Seitenränder, Kopf- und Fußzeile beschränken den nutzbaren Platz auf der Seite.
- Man muss berücksichtigen, dass Texte in vielen anderen Sprachen länger laufen.
- Die Dokumentation meidet die Unterstützung des Querformats.
Fazit
Das heißt, wir haben hier kein Problem mit XML, sondern mit dem Druck. Wenn man ehrlich ist, stellen Tabellen auch die gegenwärtig so heiß diskutierten Tablets und Smartphones vor Herausforderungen. Ihre Displays sind kleiner als DIN A4.
Zu viel Text in der Tabelle
Im A4-Format stehen effektiv 15 bis 18 cm für die Tabellenbreite zur Verfügung. Die Untergrenze für flüssiges Lesen liegt bei etwa 35 Zeichen je Zeile. Somit sind Tabellen mit vier und mehr mit Fließtext gefüllten Spalten kritisch bis unmöglich:
- Wenn schmale Zellen viel Text enthalten, entstehen hohe Zeilen. Auf eine Seite passen nur wenige Zeilen.
- Wenn viel Text in den Tabellen ist, können die Leser sie nicht mehr mit einem Blick erfassen. Die Leser müssen Zelle für Zelle lesen. Dabei behalten sie nur die Orientierung, wenn die Tabelle eine natürliche Leserichtung vorgibt.
Wenn Tabellen viel Text enthalten, muss man überlegen, ob eine Tabelle wirklich die beste Lösung ist.
Übersetzbarkeit
Viele Tabellen werden im Deutschen durch Mikrooptimierung von Spaltenbreiten, harte Zeilenumbrüche (U+00A0 bzw. Alt+0160) oder kreative Abkürzungen in Form gebracht. Das funktioniert im Deutschen ganz toll, macht aber für Übersetzungen große Probleme:
- Übersetzer:
- Sie kennen die kreativen Abkürzungen nicht.
- Harte Zeilenumbrüche müssen sie entfernen.
- Nachbearbeitungsaufwand für Fremdsprachen:
- Die mikrooptimierten Spaltenbreiten muss man für jede Sprache neu austarieren.
- Die harten Zeilenumbrüche an der sinnvollen Stelle einzufügen, ist in einer Fremdsprache schwierig, vor allem, wenn man sie nicht versteht.
Handoptimierte Tabellen verursachen beim Publizieren mit WYSIWYG-Werkzeugen einen erheblichen Nachbearbeitungsaufwand.
Handoptimierte Tabellen versagen mit automatisierten XML-Publikationen, da in den Fremdsprachen niemand mehr eingreift. Deshalb muss man Tabellen übersetzungsgerecht gestalten:
- Manuelle Umbrüche erfolgen nur zwischen Sinneinheiten.
- Manuelle Umbrüche erfolgen nur durch Aufteilen auf mehrere Absatz-Elemente.
- Kürzen erfolgt durch besseres Formulieren oder durch Tabellenfußnoten.
- Die Tabelle hat Platz für die beim Übersetzen länger werdenden Texte.
Die Tabelle ist zu komplex
Tabellen in der Technischen Dokumentation müssen meiner Meinung nach intuitiv erfassbar sein. Wenn man eine Tabelle erst erklären muss, dann ist sie für die Technische Dokumentation problematisch.
Bei komplexen Tabellen sollte man sich immer fragen:
- Ist sie zielgruppengerecht?
- Was sind die Vorteile, alles in einer Tabelle darzustellen?
- Welche Vorteile hat es, den Inhalt anders zu strukturieren?
Die Tabelle ist für diesen Inhalt ungeeignet
Häufig werden Inhalte in Tabellen gepresst, für die Tabellen keine gute Repräsentation sind. Anzeichen hierfür sind, dass
- viele Zellen leerbleiben,
- die Spalten- bzw. Zeilenköpfe sehr komplex sind,
- einzelne Zellen oder die gesamte Tabelle sehr viel Text beinhalten.
In solchen Fällen findet man die Lösung nur durch genaues Hinschauen. Manchmal hilft Umorganisieren oder Aufteilen der Tabelle.
Fazit
Ich bin nicht der Meinung, dass XML-Publikationswerkzeuge schlecht mit Tabellen umgehen können, sondern, dass mit automatischen XML-Publikationsprozessen bestehende Probleme klarer hervortreten.
In einem späteren Artikel werde ich Beispiele zeigen, die sich gut mit Tabellen darstellen lassen.