Dokumente individuell konfigurieren und in verschiedenen Formaten veröffentlichen – diese Möglichkeiten sind in der Technischen Dokumentation immer mehr gefragt. Aber muss dafür gleich ein (neues) Content-Management-System eingeführt werden? Und wie lassen sich beteiligte Fachabteilungen ohne großen Aufwand in den Erstellungsprozess einbinden? Dieser Beitrag beschreibt einfache Wege zu konfigurierbaren Dokumenten.
XML als Basis für konfigurierbare Dokumente
Vor allem für Unternehmen, die kontinuierlich zielgruppen- oder auftragsspezifische Inhalte erstellen und Dokumentationen publizieren müssen, übersteigt der redaktionelle Aufwand zunehmend das wirtschaftlich Machbare. Gesucht sind Szenarien, in denen Fachabteilungen außerhalb der eigentlichen Redaktionsteams Dokumente schnell und einfach selbst erstellen und weiter individualisieren können. Für solche Anforderungen stellt XML ein geeignetes Vehikel dar. Dabei wird zunächst ein Master-Dokument mit den Inhalten zu allen Produkten und Varianten erstellt. Anschließend wählt der Anwender nur noch die individuell benötigten Textmodule für die gewünschte Dokumentation. Diese individuelle Modulauswahl erfolgt „manuell“.
In bestimmten Fällen kann sie aber auch weiter automatisiert werden – durch die Kopplung der Textmodule an Stücklisten oder Produktkonfiguratoren.
Möglichkeit 1: Stückliste als führende Struktur
Bei Maschinen oder Anlagen, die größtenteils auf funktionalen Baugruppen basieren, kann die jeweilige Stückliste als führende Struktur für die Konfiguration der Dokumentationen dienen. Um dies zu ermöglichen, werden die XML-Module zusätzlich ausgezeichnet: entweder mit Metadaten oder mit den Baugruppennummern. Auf diese Weise ist jedes Text-Modul einer Maschinen-Baugruppe zugeordnet. Wird nun die Stückliste für einen Kundenauftrag eingelesen, werden im Gegenzug für die Dokumentation nur die Text-Module ausgewählt und ausgespielt, deren zugehörige Baugruppen auch in der Stückliste enthalten sind. Die standardisierten Textmodule können nun durch die Fachabteilung gegebenenfalls weiter individualisiert werden. Dadurch lassen sich Fehler in den zu liefernden Dokumenten und nicht zuletzt auch die Kosten über den gesamten Prozess deutlich reduzieren.
Möglichkeit 2: Produktkonfigurator als führende Struktur
Produkte werden häufig aus zahlreichen Optionen und Varianten konfiguriert. Viele Unternehmen stellen ihren Kunden deshalb Produkt-Konfiguratoren zur Verfügung. Solche Produkt-Konfiguratoren können nach dem gleichen Prinzip wie im oben beschriebenen Verfahren mit den Stücklisten für die individuelle Zusammenstellung produktspezifischer Dokumente genutzt werden. Auch hier werden die XML-Module durch Metadaten ausgezeichnet, den einzelnen Varianten und Optionen zugeordnet und anschließend in einer grafischen Oberfläche gefiltert und zu produktspezifischen Dokumentationen konfiguriert.
Von der Erstellung bis zur Publikation flexibel
Von der Inhaltserstellung durch den Redakteur über den ganzen Prozess bis hin zur letztendlichen Publikation – eine modulare und konfigurierbare Dokumentation auf XML-Basis bleibt immer anpassbar an neue Tools und Anforderungen. Das gilt besonders bei der Verwendung von etablierten Standard-Regelwerken wie den Datenmodellen DITA und PI-Mod. Vorhandene Systeme wie Microsoft SharePoint oder ein PDM-System lassen sich gut zur Verwaltung der Inhalte einsetzen.
Beispiel-Szenario aus dem Vertrieb
Nicht nur für die Technische Dokumentation sind die vorgestellten Verfahren relevant. Häufig können damit zum Beispiel auch aufwändige Vertriebsprozesse effizienter gestaltet werden – wie das folgende Beispiel zeigt. In einem großen Industrieunternehmen besteht die Anforderung, dass der Vertrieb kundenindividuelle technische Spezifikationen schnell und einfach erstellen können soll. Die Dokumente sollen einheitlich aufgebaut sein, ohne dass dafür jeder Vertriebsmitarbeiter aufwendig und kontinuierlich geschult werden muss.
Zur Erfüllung dieser Anforderung erstellt ein zentrales Redaktionsteam zunächst die XML-Module für alle Varianten, Optionen und Variablen des Produktportfolios und zeichnet die Module über Metadaten aus. Für den Freigabeprozess werden Inhalte als PDF-Dateien publiziert und den Fachkräften zur Kontrolle übergeben. Nach der Freigabe stehen die Inhalte in einem zentralen Pool bereit.
Dieser Pool dient nun als Basis für die zukünftige Konfiguration aller produkt- oder kundenspezifischen Dokumente durch die Fachabteilungen, in unserem Beispiel den Vertrieb.
Dieser kann jetzt auf Basis der vorhandenen Standardtexte und der speziellen Vertriebs-Konfiguration ein Word-Dokument konfigurieren, in dem nicht veränderbare Standard-Inhalte und zu verändernde spezifische Inhalte markiert sind. Der Projektleiter überprüft die zu verändernden Inhalte und passt sie gegebenenfalls an seinen Einzelfall an. Diese Anpassungen können bei Bedarf auch wieder in den Standard zurückfließen. Die Verwendung von MS-Word stellt sicher, das keine speziellen redaktionellen Fachkenntnisse notwendig sind, um kundenspezifische Änderungen durchzuführen.
Alter Wein in neuen Schläuchen?
Bereits seit mehr als zehn Jahren sind die beschriebenen Methoden und Funktionen erfolgreich in vielen Unternehmen etabliert. Allerdings profitieren davon bislang im Wesentlichen Technische Redaktionen mit dafür spezialisierten Content-Management-Systemen. Der vorgestellte Ansatz versetzt die Technische Redaktion in die Lage, bestehende Systeme zu nutzen und interne sowie externe Zielgruppen schnell standardisiert und individuell zu beliefern.