Im Oktober 2018 endete der Flug JT 610 der indonesischen Lion Air tragisch, als die Maschine nur wenige Minuten nach dem Start ins Meer stürzte. Laut Medienberichten waren dem Unglück technische Probleme mit der erst zwei Monate alten Boeing 737 Max 8 vorangegangen. Der Sensor, der den Anströmwinkel misst, sei defekt gewesen. Er habe falsche Messwerte an den mit einer neuen Software ausgestatteten Bordcomputer gesendet, der daraufhin das Flugzeug in den Sinkflug lenkte.
Die Piloten hätten mehrfach manuell versucht, die Maschine wieder ins Gleichgewicht zu bringen, doch das System habe immer wieder automatisch nach unten korrigiert, bis der Flieger schließlich abstürzte. Warum die Piloten diese Automatik nicht abschalteten oder es nicht konnten, ist ungeklärt. Klar ist aber, dass zwar eine Standard-Prozedur zum Abschalten der Automatik im Handbuch beschrieben ist, nicht aber das neue System.
Dieses traurige Beispiel verdeutlicht einerseits, welchen hohen Stellenwert intelligente Informationen und Systeme in unserem Alltag haben. Andererseits zeigt es die große Verantwortung, die Hersteller und Informationsersteller tragen. Die Innovationstreiberin Digitalisierung hat vieles verändert, manches zweifellos vereinfacht – auch in der Technischen Redaktion. Drei anhaltende Trends verdeutlichen, dass die Bedeutung von intelligenten Informationen wächst.
Trend 1: Von der Regel zur Ausnahme
Der erste Trend ist die zunehmende Automatisierung von Standard-Prozessen und der vermehrte Einsatz von Robotern. Im Gegensatz zum primären und sekundären Wirtschaftssektor steht diese Entwicklung im Dienstleistungssektor erst am Anfang, da Prozesse hier schwerer zu automatisieren sind. Dennoch sind Veränderungen sichtbar: Beispielsweise steigt die Arbeitsteilung im Bereich Service u. a. durch vereinfachte Verfahren zum Warten und Austauschen von Teilen.
In der Technischen Dokumentation sinkt deshalb der Bedarf an Standard-Wissen, zum Beispiel klassische Schritt-für-Schritt-Anleitungen. Substituiert werden diese Informationen u. a. durch eine optimierte Konstruktion für einfacheren Service, einfachere Software und höhere Automatisierung. Gibt es jedoch Abweichungen vom Standard, erscheinen Fehlermeldungen oder funktioniert etwas nicht mehr, kann der Mensch die Ursache mit gängigen Mitteln oft nicht mehr identifizieren und das Problem beheben.
In diesem Bereich steigt die Komplexität, sodass Wissen immer spezifischer bereitgestellt werden muss. „Troubleshooting“ rückt in den Fokus, während die klassische Anleitung an Bedeutung verliert.
Trend 2: „Big Data“
Der zweite Trend, der intelligente Informationen und Systeme notwendig macht, ist die schnelle Zunahme an verfügbaren Daten. 2016 wurde weltweit ein Datenvolumen von 16 Zettabytes produziert. Laut eines im April 2017 erschienenen Berichts des Analyseunternehmens IDC wird sich dieses im Jahr 2025 auf kolossale 163 Zettabyte verzehnfachen. Das Problem von „Big Data“ ist offensichtlich: Diese Daten sind von riesigem Ausmaß, schnelllebig und oft unstrukturiert. Entsprechend schwierig wird der zielgerichtete Zugriff auf benötigte Daten.
Trend 3: Moderne Analyse-Verfahren
Um in der verfügbaren Masse an Informationen schnell die relevante zu finden, bräuchte der Mensch allein eine hohe Qualifikation, viel Erfahrung sowie eine sehr gute Abstraktions- und Transferfähigkeit. Das heißt, er müsste genau wissen, an welchen Stellen er die Antworten auf seine Fragen findet, und diese auf seinen Bedarf gedanklich anpassen. Im Zuge der steigenden Durchdringung unserer Lebenswelt mit Online-Diensten (z. B. Online-Shops und Social-Media-Kanäle) gehören Verfahren zur Messung von Anwenderverhalten und der Rückschluss auf relevante Aktionen oder fehlende Inhalte heute zum Standard. Dabei werden Informationen vorselektiert und der Abstraktionsaufwand verringert, sodass auch weniger qualifizierten Anwendern schnell relevante Informationen zur Verfügung stehen. Bekanntestes Beispiel ist Google Analytics für das Webseiten-Tracking. Solche Verfahren können auch in der Technischen Redaktion Anwendung finden.
Ein Beispiel aus der Technischen Redaktion
Durch die genannten Digitalisierungs-Trends wächst zum einen der Bedarf an intelligenter Information, zum anderen stehen die technischen Bausteine und Methoden zur Umsetzung zur Verfügung. Intelligent sind Informationen, die mit anderen Informationen in Relation gesetzt werden, sodass sie den Bedarf des Anwenders in seiner konkreten Situation optimal erfüllen. Außerdem unterstützen sie die alternativen Lösungsräume und Denkansätze des Anwenders in der weiteren Verwendung bestmöglich.
Um diesen Bedarf zu decken, ist der erste Schritt, die vorhandenen, umfangreichen Informationen intelligenter zugänglich zu machen. In der Technischen Redaktion heißt dies, bei der Erstellung von Informationen zunächst den Anwendungsprozess genau zu definieren, um dann sehr nahe daran zu arbeiten. Beispielsweise vollzieht der Redakteur nach, welchen Prozess ein Service-Call bis zur Lösung durchläuft: Was sind die relevanten Fragestellungen der Anwender in einem bestimmten Schritt? Welches Wissen benötigen sie in welchem Fall? Aus welcher bereits vorhandenen Quelle kann die relevante Information generiert werden (CMS, Redaktionssystem, FAQ, ERP, Kalendereinträge etc.)? Welche Inhalte fehlen und müssen erstellt werden? Was dem Anwender schließlich zugänglich gemacht wird, hängt oft davon ab, auf welche unternehmensinternen und -externen Informationsquellen der Technische Redakteur zugreifen kann, welche Fragestellungen er als relevant einstuft und ob es organisatorische Hürden gibt, die eine Einbindung von Informationen erschweren.
Eine Lösung – sowohl für Anwender wie für Inhaltsersteller – bietet die passende IT-Umsetzung in Form einer Plattform, die heterogene, semi-strukturierte Daten über Regeln verwendbar macht und sich Technologien aus dem B2C-Umfeld zunutze macht (NoSQL, Analytics, KI). Vergleichbar ist das mit der Google-Suchmaschine, deren Ergebnisse meist auf die Vorlieben und den Standort des Nutzers optimiert sind. Eine Plattform im B2B-Bereich kann dem Anwender ebenfalls je nach Qualifikation, Problem, Standort etc. maßgeschneiderte Hilfen, weiterführende Inhalte („Related Content“) oder „Best Practice“-Beispiele aus anderen Unternehmensbereichen liefern. Auch der Inhaltsersteller verfügt damit über ein mächtiges Tool, durch dessen Analysefunktionen genau benannt wird, welche Inhalte relevant sind – oder in welcher Form noch produziert werden müssen. Mithilfe von technischen Lösungsbausteinen ist die Umsetzung eines solchen Vorhabens schnell und wirtschaftlich machbar, ohne dass Anpassungen an den vorhandenen Daten notwendig sind. Optimierungen werden erst nach Feststellung des tatsächlichen Bedarfs realisiert.
Zusammenfassung
Intelligente Informationen sind essentieller Teil unseres Alltags. Sie verringern die Lücke zwischen der Fragestellung des Menschen und der Masse an verfügbaren Informationen, sodass jedem – unabhängig vom Wissensstand – schnell das Relevante zur Verfügung steht. Ein intelligenter Zugang zu den vorhanden Informationen sowie digitale Analyse-Verfahren, um diese bedarfsorientiert zu optimieren und Informationslücken mit hohem Nutzen im Anwendungsprozess zu schließen, unterstützen Inhaltsersteller und Anwender gleichermaßen. Auch für Technik-Unternehmen gibt es innovative Lösungswege, um ihre Informationen intelligenter zugänglich zu machen und damit effizient zu nutzen. Die Umsetzung in Form einer intelligenten Plattform, wie sie oben kurz beschrieben wurde, ist kein Hexenwerk, sondern schnell und wirtschaftlich machbar. Dank der Digitalisierung sind solche leistungsfähigen Instrumente verfügbar – sie müssen nur intelligent genutzt werden.